SHR – Report: Lebensversicherungen: Wann lohnt die Rückabwicklung ?

 Die Ausgangslage

Viele Verbraucher haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten in Lebens – und Rentenversicherungen investiert, entweder um finanziell für das Alter vorzusorgen oder um diese als Mittel zur Ablösung bestehender Immobiliendarlehen einzusetzen. Zuletzt stellte sich diese Investition jedoch zumeist als enttäuschend dar, da die Renditen deutlich hinter den Erwartungen oder vielleicht sogar hinter den damaligen Versprechungen der Versicherer zurückblieben. Folge hiervon ist, dass die Verbraucher nunmehr mit einer Unterdeckung entweder bei Auslaufen ihrer Kredite oder hinsichtlich des erhofften Lebensstandards bei Renteneintritt rechnen müssen.

Rechtliche Möglichkeiten: Der Widerruf

Der deutsche Gesetzgeber entschied sich Anfang der 90er-Jahre dafür, die Verbraucherrechte zu stärken und verankerte im Gesetz ein Widerrufsrecht, wonach der Verbraucher seine auf Abschluss eines Lebens – oder Rentenversicherungsvertrages gerichtete Erklärung innerhalb einer bestimmten Frist widerrufen konnte. Zeitgleich legte der Gesetzgeber damit den Versicherern die Pflicht auf, die Verbraucher bei Abschluss des Vertrages auf dieses Widerrufsrecht ordnungsgemäß hinzuweisen. Dieser Pflicht sind die Versicherer in einer Mehrzahl von Fällen allerdings nicht gemäß der gesetzlichen bzw. der von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben nachgekommen, weshalb Verbraucher nach einem Grundsatzurteil des BGH im Jahre 2013 auch noch heute diese Verträge widerrufen können.

Die Folgen eines erfolgreichen Widerrufs

Sofern ein Verbraucher ein derartiges Widerrufsrecht noch zum jetzigen Zeitpunkt zusteht und er dieses rechtswirksam ausübt, so hat dies die Unwirksamkeit des Lebens – oder Rentenversicherungsvertrages zur Konsequenz. Dies hat wiederum zur Folge, dass der Versicherer seine Gewinne, die er mit den Sparanteilen des Verbrauchers erzielt hat, an diesen herauszugeben hat. Zudem ist er nach der Rechtsprechung des BGH verpflichtet, die im aufgrund des Abschluss des Vertrages entstandenen Verwaltungs – und Abschlusskosten (gemeint sind im Wesentlichen die gezahlten Vermittlungsprovisionen) an den Verbraucher zurückzuzahlen. Beide Verpflichtungen zusammen machen es daher für einen Verbraucher aus finanzieller Sicht deutlich attraktiver, ihre Lebens – und Rentenversicherungen zu widerrufen anstatt diese zu kündigen oder auf dem Zweitmarkt zu veräußern.

Welche Verträge sind betroffen?

Vom gesetzlichen Widerrufsrecht sind Lebens – und Rentenversicherungsverträge betroffen, die ab dem Jahr 1992 von den Verbrauchern abgeschlossen wurden. Inhaber derartiger Versicherungspolicen können daher im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung grundsätzlich von der Widerruflichkeit ihrer Verträge ausgehen.

Teilweise haben Versicherer bereits ab dem Jahr 1985 ihren Versicherungsnehmern freiwillig ein derartiges Widerrufsrecht eingeräumt. Auch über dieses Widerrufsrecht haben die Versicherer in der Mehrzahl der Fälle nicht ordnungsgemäß belehrt. Nachdem dieses Widerrufsrecht aber vertraglich eingeräumt wurde, können die gesetzlichen Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung nur bedingt auf diese Verträge übertragen werden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass bei Verträgen, die vor dem Jahr 1992 abgeschlossen wurden und bei denen ein Versicherer ein Widerrufsrecht freiwillig eingeräumt hat, deutlich verringerte Aussichten für eine erfolgreiche Geltendmachung eines Widerrufsrechts bestehen.

Presse:

handwerksblatt.de – „Widerruf Lebensversicherungen“ vom 26.02.2016