SHR Report: Bankguthaben im Risiko

– Die Haftung von Bankguthaben in der Bankenkrise-

I. Das „Zypern-Modell“ gilt jetzt auch in Deutschland
Wir erinnern uns:
In 2013 gerieten die drei großen Banken in Zypern in Folge der Griechenlandkrise sowie hauseigenen Problemen in existentielle Schwierigkeiten. Um ein Übergreifen auf die griechischen und in Folge auch europäischen Banken zu verhindern, wurde ein Rettungsplan ausgearbeitet. Dieser sah vor, die Bankkunden mit ihren Einlagen über einen Betrag von T € 100 in die Haftung zu nehmen. Die EU beteiligte sich mit einem Sanierungsbeitrag i.H.v. ca € 6 Mrd.
Die berechtigten Proteste der Bankkunden gegen diese „Enteignung“ führte zu einer monatelang anhaltenden politischen Krise. Das „Mitgefühl“ der übrigen Europäer hielt sich in „Grenzen“, da im erheblichen Umfang Guthaben russischer Bankkunden betroffen waren.
Seit dem 01.01.2015 gilt das Sanierungs-Modell „Zypern-Modell“ auch für Deutschland- bisher geheim gehalten und weitgehend unbekannt!
II. Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG)
In einer „Nacht und Nebel“ Sitzung hat der Bundestag am 14.12.2014 das auf der europäischen Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie basierende „Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Instituten und Finanzgruppen“ (SAG) ohne Aussprache der Abgeordneten „durchgewunken“: 178 Paragraphen auf 109 Seiten Gesetzestext mit hochkomplizierten Bestimmungen!
1. Kern der Regelungen:
Bereits in einer nach außen nicht erkennbaren Krise einer Bank kann das BaFin intern Sanierungsmaßnahmen im Rahmen einer Frühintervention einleiten und die freie Verfügung über die Kundeneinlagen beschränken.
Der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) wurden umfassende Befugnisse zur Frühintervention bis hinzu zur Vorlage eines Restrukturierungsplans eingeräumt. Das Insolvenzrecht ist außer Kraft gesetzt. Die BaFin ist berechtigt, einen „Abwickler“ (§ 62 Abs.1 SAG) einzusetzen. Damit ist der Zugriff auf Kundeneinlagen (die „Gläubigerbeteiligung“) eröffnet (§§ 90 ff. SAG).
• Mit welchen Kontoguthaben haftet der Bankkunde?
Guthaben auf einem Konto- egal ob Sparkonto oder Sparplan, Kontokorrent oder Festgeld wie auch Guthaben auf Depot- Verwaltungskonten- sind rechtlich Forderungen des Bankkunden (Gläubiger ) gegenüber der Bank . Wird die Bank als Schuldner zahlungsunfähig oder gerät in Liquiditätsnöte, so ist der Bankkunde dem Risiko der Realisierung seiner Forderung wie bei jedem dritten Schuldner ausgesetzt.
Erschwerend kommt allerdings hinzu, dass diese Forderungen nicht mehr durchsetzbar sind:
Im Rahmen von Sanierungsanordnungen kann und wird der Bank untersagt werden, noch Verfügungen über die Kundengelder zuzulassen oder diese stark einzuschränken.
• „Die Spareinlagen sind sicher…?“
Im Oktober 2008 traten die Bundeskanzlerin Merkel und der damalige Finanzminister Steinbrück vor die TV-Kameras und verkündeten:
„Wir sagen den Sparerinnern und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein….“
Dieser dringende Apell auf dem Höhepunkt der Finanzkrise war zur Vermeidung eines endgültigen Zusammenbruchs der Finanzmärkte nach der „Lehman-Pleite“ verantwortungsvoll  und richtig. Tatsächlich handelte es sich um ein leeres Versprechen, da weder der Staat noch der Steuerzahler für den Verlust der Spar- und sonstigen Einlagen von Bankkunden haften!
2. die „gesetzliche“ Einlagensicherung
Zum Schutz der Kundeneinlagen existieren in Deutschland drei Sicherungssysteme:
– die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH (EdB) gewährt für die Kunden der Privatbanken generell Einlagenschutz bis zu einem Betrag insgesamt € 100.000 pro Kunde- egal ob Spar-  oder sonstiges Guthaben;
– die Volks und Raiffeisenbanken haben ein eigenes Einlagensicherungssystem über die BVR Institution Sicherungs-GmbH eingerichtet, dass ein identisches Schutzniveau wie die EdB bietet;
– die deutsche Sparkassen und der Giroverband verfügen über ein eigenes Sicherungssystem zum Schutz von Kundeneinlagen, das im Wesentlichen auf solidarische Stützungsmaßnahmen innerhalb des Verbandes beruht.
Diese Sicherungssysteme sind sicher geeignet , die Einlagen in der Krise einer Bank mittlerer Größe, Genossenschaftsbank oder Sparkasse aufzufangen. Ausgeklammert sind von vornherein Einlagen soweit diese einen Betrag von € 100.000 – mit wenige Ausnahmetatbeständen – übersteigen. Der Verlust dieser übersteigenden Guthaben stellt  von vornherein ein „Solidarbeitrag“ des Kunden zur Rettung seiner Bank dar!

3. Belastbarkeit der Entschädigungseinrichtungen
Die Belastbarkeit der Einlagensicherungsrichtungen stand  in den bisher vier festgestellten Entschädigungsfällen – zuletzt die unbedeutende Mapelbank GmbH – nicht in Frage.
Aktuell bereitet die seit 2008 schwebende Finanz – und Bankenkrise wieder erhebliche Probleme: 
Nicht nur die griechischen, sondern die zahlreichen italienischen Banken befinden sich in ernsthaften Schwierigkeiten! Die globale und insbesondere europäische Vernetzung der Banken und der hiermit verbundenen Ansteckungsgefahr ist am Anfang der Griechenlandkrise deutlich sichtbar geworden. Auch ist die Krise der Deutschen Bank mit einem aktuellen Verlustausweis in Höhe von ca.6,2 Mrd. weit von einer Lösung entfernt.
In einem derartigen Krisenszenario ist die Einlagensicherung mehr als überfordert:
Auf den Konten der deutschen Banken sind Kontoguthaben von Privaten und Unternehmen in geschätzter Höhe von 2,9 Billionen Euro – davon allein 660 Mrd Spareinlagen bei Banken -verbucht. Dem gegenüber stehen Liquiditätsreserven in den vorher erwähnten Sicherungssystemen in geschätzter Höhe von 4,6 Mrd. Euro. Genaue Zahlen sind nicht verfügbar. Somit ist es schlichtweg illusorisch, dass in einer gesamteuropäischen Bankenkrise  Kundeneinlagen auch in dem beschränkten Umfang von € 100.000 geschützt werden können.

4. Die geplante europäische Einlagensicherung
Die europäische Kommission will bis zum Jahr 2024 eine europaweite Versicherung von Kundeneinlagen bis zu einem Betrag i.H.v. € 100.000 aufbauen und die nationalen Sicherungssysteme verschmelzen. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat der Finanzkommissar Hill bereits vorgelegt.
Hierdurch wird das bereits in Deutschland erreichte Einlagensicherungssystem geschwächt. In mehreren Nationalstaaten wurden bisher im Bankensystem keine Rücklagen für die Einlagensicherung – und anderem auch in Italien – gebildet. Die Sicherungssysteme der Genossenschaftsbanken und Sparkassen sollen eingebunden werden, funktionieren aber auf einer grundsätzlich anderen Systematik.
Geplant ist eine stufenweise Einführung des Sicherungssystems, mit dem das Schutzniveau für die Kunden deutscher Banken deutlich geschwächt wird. Ob der Widerstand von Minister Dr. Schäuble den europäischen Begehrlichkeiten standhalten kann, ist zumindest zu bezweifeln.
III. Abschaffung von Bargeld
Die Diskussion über die Begrenzung von Bargeldzahlungen und im zweiten Schritt die Abschaffung des Euro als Bargeld ist aktuell in Gang gesetzt. Die von der Politik vorgeschobenen Gründe, die organisierte Kriminalität und Korruption einzudämmen, ist abwegig. Weltweit existieren Banken, die auf dem Geschäftsfeld der Geldwäsche sowie Zahlungsabwicklung für die organisierte Kriminalität aktiv sind.
Ausgerechnet der neue Chef der systemrelevanten Deutschen Bank John Cryan engagiert  sich energisch für den Gedanken der Abschaffung des Euros als Bargeld. Zu diesem Thema werden wir uns noch gesondert im kommenden Newsletter befassen. An dieser Stelle ist ein anderer Aspekt kurz zu kommentieren, der in der bisherigen Diskussion vollständig ausgeblendet wird:
Sollten die Pläne zur Abschaffung des Bargeldes umgesetzt werden, können die Bankkunden über den Euro nur im Rahmen ihrer Kontenguthaben verfügen. Kontoguthaben sind Forderungen der Bankkunden gegenüber der Bank. Ein EURO-Geldschein behält als quasi „Inhaberpapier“ dagegen seinen Wert.  Mit anderen Worten: Der Staat bzw. die Staatengemeinschaft stehen für den Wert des Geldscheins ein. So hat aktuell die Deutsche Bundesbank nochmals betont, dass die bisher noch nicht eingelösten ca. 1,2 Mio. DM 1.000 Geldscheine, die überwiegend  in Osteuropa als Ersatzwährung dienen, auch nach 15 Jahren und in Zukunft  eingelöst und umgetauscht werden!
Aus diesem Grunde ist es durchaus ratsam, einen nennenswerten Bestand an Bargeld vorzuhalten. Dies auch unter Berücksichtigung des nachfolgend geschilderten möglichen Szenario im Krisenfall.
IV. Szenario im Krisenfall
Über den Eintritt eines Krisenfalls bei einer Bank und die Aktivitäten der BaFin erfährt der Bankkunde nichts. Im Gegenteil: § 5 SAG regelt eine strikte Verschwiegenheitsverpflichtungen für alle Mitarbeiter von Banken, Abwicklungs-  oder Aufsichtsbehörden sowie anderen nationalen Behörden über die Einleitung jeglicher Maßnahmen im Rahmen der Frühintervention oder Feststellung der Abwicklungsvoraussetzungen ( § 62 Abs. 1 SAG).
Das Einfrieren und der Zugriff auf die Kundeneinlagen erfolgt „über Nacht“! Die Auszahlung an Geldautomaten werden gesperrt oder auf minimale Beträge beschränkt. Die Verfügung über Konten wird drastisch eingeschränkt. Die  Möglichkeit, Überweisungen ins Ausland in  sichere Drittländer-zu tätigen- wird eingeschränkt oder ausgeschlossen. Die Kapitalverkehrsfreiheit wird außer Kraft gesetzt.
Nur so kann ein “run“ auf die Banken verhindert werden. In der Griechenlandkrise hat Europa Flugzeuge voller Bargeld in Bewegung setzen müssen, um die bereits beschränkte Bargeldversorgung zu sichern.
Gut, wenn dann noch etwas Bargeld im Tresor liegt, die laufenden Verpflichtungen und den Lebensunterhalt zu sichern.
V. Strategien zur Vermögenssicherung
Wer nicht bereit ist, sich „solidarisch“ mit seinen Bankguthaben an der Sicherung und Rettung der krisengeschüttelten Banken zu beteiligen, muss sich Gedanken darüber machen, wie er sein Vermögen vor dem durchaus realitätsnahen Szenario schützt.

Die Thematik hierfür werden wir an einem Informationsabend für unsere Mandanten am

Mittwoch, den 23. März 2016 um 17.00 Uhr
in den Räumen unserer Kanzlei
Kapellenweg 6, 81371 München

erörtern.
Sofern Sie Interesse an der Teilnahme haben, bitten wir Sie, uns das Anmeldeformular unter “Infos”, “SHR-Veranstaltungen“ aufzurufen und uns zu übersenden.
Aus Kapazitätsgründen müssen wir die Teilnehmerzahl auf 30 begrenzen.

Dr. Ingo Schulz-Hennig