Kategorie-Archiv: Grundschuldrecht

SHR-Ratgeber: Grundschuldhaftung und Zwangsvollstreckung

( Hinweis : Der Beitrag stellt eine allgemeine Information der SHR-Rechtsanwälte und keine Rechtsberatung dar ! Die Haftung für den Inhalt wird ausgeschlossen )

1. Grundschuld und Darlehensvertrag
Die Besicherung von Darlehen mit Grundpfandrechten ( engl. mortgage ) ist in international verbreitet.
Speziell nach deutschem Recht stellt die Grundschuld aber ein weitaus gefährlicheres Instrument zur Darlehenssicherung als ausländische Grundpfandrechte dar. Das im Jahre 1900 in Kraft getretene BGB unterscheidet zwischen schuldrechtlichen Verträgen, die nur zwischen den Vertragsparteien Rechte und Pflichten begründen wie z.B. Darlehensverträge ( Buch 2 Schuldrecht : §§ 488ff BGB ) und abstrakten Rechtspositionen wie Eigentum und auch Grundschulden ( Buch 3 Sachenrecht §§ 1191 ff BGB ), die gegen jedermann wirken.

Dieses komplizierte Konstrukt des deutschen Zivilrecht hat zur Folge, dass die mit dem Darlehensvertrag begründeten Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Gläubiger ( Bank, Sparkasse u.a.) unabhängig von den dinglichen Forderungen aus der Grundschuld auf Kapital- und dinglichen Grundschuldzinsen bestehen.

Die Zwangsversteigerung wird ausschliesslich aus den dinglichen Forderungen aus der Grundschuld einschliesslich Grundschuldzinsen betrieben ! Weder der Valutenstand noch die im Darlehensvertrag vereinbarten Zinsen spielen im ZV-Verfahren eine Rolle.

2. Die Grundschuld-Bestellungsurkunde – das gefährliche Instrument
Die Grundschuld ( „GS“ ) wird üblicherweise auf einem von der Bank gestellten Formular vom Notar beurkundet. In dieser Urkunde werden zwei eigenständige Erklärungen abgegeben:
• In Ziff. 1 wird die Grundschuld iHd. Hauptsache-Betrages , der dinglichen Zinsen meist zwischen 8% und 16 % sowie eine pauschale Kostenübernahme für Vollstreckungsmaßnahmen bestellt;
• Ziff. 2 enthält ein abstraktes Schuldanerkenntnis ( § 780 BGB ) mit Übernahme der persönliche Haftung in Höhe des Grundschuldbetrages einschließlich dinglicher Zinsen.
• Weiterhin ist geregelt, dass die Ansprüche aus Ziff. 1 und 2 sofort fällig sind und der Grundschuldbesteller sich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde unterwirft.

Mit anderen Worten:
ein böswilliger Grundschuldgläubiger könnte sofort die ZV in das Grundstück beantragen und zusätzlich in das persönliche Vermögen des Grundschuldbestellers vollstrecken, ohne auch nur € 1 ausbezahlt zu haben. In unserer Praxis durchaus relevant gewesen bei „Privaten Kapitalgebern“, „Grundschuld-Aufkäufern“ oder unseriösen sog. Investoren („Heuschrecken“) !

→ siehe hierzu unseren Beitrag: „Die Grundschuld – ein scharfes Schwert“

3. Wann darf die Bank oder Sparkasse die Vollstreckung einleiten ?
Die Kündigung des Darlehens ist keine Voraussetzung zur Einleitung der ZV. Es reicht aus, wenn wesentliche Rückstände iHv. mindestens 2 monatlichen oder quartalsmäßigen Annuitäten bestehen und die Vollstreckung nach einer Zahlungsaufforderung gesondert ankündigt wurde.
4. Was prüft das Vollstreckungsgericht ?
Der Rechtspfleger beim Vollstreckungsgericht prüft die Formalien der vollstreckbaren GS-Bestellungsurkunde: u.a. die Legitimation des GS-Gläubigers, die ordnungsgemäße Beurkundung, die Zwangsvollstreckungsklausel und rechtzeitige Zustellung an den Schuldner. Danach wird das Grundbuchamt zur sofortigen Eintragung des ZV-Vermerks aufgefordert.

5. Sicherungsabrede und Vertragsbedingungen
Die Verknüpfung zwischen Grundschuld und dem Darlehensvertrag erfolgt durch die sog. Sicherungsabrede, die entweder in den Vertragsbedingungen oder in einer gesonderten Vereinbarung ( enge oder weite Zweckerklärung ) geregelt ist. Mit der Sicherungsabrede wird der sog. Rückgewähranspruch begründet .Die Bank ist danach verpflichtet, die Grundschuld ( nach umfangreicherer Tilgung auch teilweise ) an den Sicherungsgeber herauszugeben bzw. löschen zu lassen ( AGB Banken Nr. 16 ( 2 ).
Zusätzlich gelten das Gebot der Rücksichtnahme auf den Sicherungsgeber (AGB Banken Nr. 17 (1); AGB Sparkassen Nr. 21 (5) ) – in der Praxis ein „stumpfes Schwert“.
Die Möglichkeiten zur Wahrung der eigenen Rechte werden erheblich erschwert, sofern die GS für eine ausländische Bank bestellt oder an im Ausland ansässige Gesellschaften abgetreten werden. Die schuldrechtlichen Verpflichtungen der Bank aus der Sicherungsabrede gehen nicht automatisch auf den neuen GS-Gläubiger über.

6. SHR Empfehlungen und Hinweise
Die Abtretung von Forderungen aus einem ordnungsgemäß bedienten Darlehen unter gleichzeitiger Abtretung von GS-Bestellungsurkunden war bis 2005 undenkbar und nach SHR Rechtsauffassung eindeutig rechtswidrig. Mit dem ersten Sündenfall der Abtretung eines Immobilien-Darlehenspakets in nom. Höhe von € 3,6 Mrd durch die „Pleitebank“ Hypo Real Estate ( HRE ) an die „Lone Star“ – Gruppe – einem aggressiven Investor mit Sitz in Dallas und ca. 100 Briefkastenfirmen auf Bermuda – kam das Geschäftsmodell des Verkaufs von Darlehensbeständen nur zum Zweck der Verwertung der Immobilien in Gang. Aus diesem Grunde einige Empfehlungen und Hinweise:
• vereinbaren sie beim Abschluss des Darlehensvertrages den ausdrücklichen Ausschluss der Abtretung der Grundschuld. Dieser Ausschluss gilt nicht nach Kündigung des Darlehens ( Eintritt des Verwertungsfalls ) und Abtretung der GS an ein Inkasso-Institut oder sonstigen Dritten.
• Verlassen sie sich nicht darauf, daß sie alle Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag eingehalten haben und in Zukunft werden. Das Geschäftsgebaren zahlreicher deutscher Banken und früherer Hypothekenbanken wird durch deren schlechte finanzielle Situation, die Notwendigkeit zur Bereinigung des Kreditportfolios , der intensivierten Aufsicht durch EU und BaFin oder dem Zwang zur Abwicklung der Institute diktiert und führt zu einem stringenten Verwertungsdruck auch im Hinblick auf die Verwertung von Sicherheiten.
• Zur Reduzierung des GS-Risikos sollte nach Tilgung eines nicht unerheblichen Darlehensbetrages die nach der BGH-Rechtsprechung zulässige Teillöschung der GS verlangt werden
• sobald die GS-Bestellungsurkunde zugestellt wird, ist sofortiges Handeln erforderlich;
• bestehen Rückstände bei den Annuitäten, sollte sofort Kontakt mit der Bank aufgenommen und ggf. eine zeitlich begrenzte Aussetzung der Tilgung – nicht der Zinszahlung !- vereinbart werden..
• Droht die Eintragung des ZV-Vermerks im Grundbuch, könnte eine Vereinbarung über die freihändige Verwertung der Immobilie getroffen werden. Der Eintrag des ZV-Vermerks führt in der Regel zu einem erheblichen Wertverlust der Immobilie. Verhandlungen über eine Ablösefinanzierung durch eine andere Bank sind extrem erschwert, da Banken keine Kredite an Personen vergeben dürfen, gegen die Vollstreckungsmaßnahmen in Gang gesetzt sind ( § 18a Abs.1 KWG )
• An die Begründung eines innerhalb von 2 Wochen zu stellenden Antrags auf vorläufige Einstellung der ZV gem. § 30a ZVG werden erhebliche Anforderungen gestellt.
• Gegen die ZV kann gerichtlich im Wege der Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO kombiniert mit einer Einstweiligen Anordnung gem. § 769 ZPO vorgegangen werden. Die Erhebung dieser Klage ist nur bei guten Erfolgsaussichten zu empfehlen. Es entstehen erhebliche Kosten, da generell der Hauptsachebetrag der GS- als Streitwert zugrunde gelegt wird ( s.o. Empfehlung zur Teillöschung ). Für den Antrag gem. § 769 ZPO wird regelmäßig ( aber sinnwidrig ) die Stellung einer Sicherheit / Bankbürgschaft iHd. des Grundschuldbetrages angeordnet.

gez. Dr. Schulz-Hennig
Rechtsanwalt

SHR-Report: Die Grundschuld … „ein scharfes Schwert“

  1. Hintergrund

Die Qualifizierung der Grundschuld als „ein scharfes Schwert“ stammt von dem früheren Vorsitzenden Richter des für Bankensachen zuständigen XI. BGH Senats. Hintergrund war die umfangreiche und heftige Auseinandersetzung zwischen Bankjuristen über die Zulässigkeit des Verkaufs von Darlehens-Paketen durch Hypothekenbanken an Finanzinvestoren unter gleichzeitiger Abtretung der hierfür bestellten Grundschulden.

Die Hypo Real Estate Bank AG – die „bad bank“ des HVB-Konzerns – hatte im Jahr 2004 ein Kreditpaket im Volumen von nom. 3,6 Mrd € an die „Heuschrecke“ – die US-amerikanische Investorengruppe Lone Star – verkauft. Nachfolgend waren die ca. 5000 Darlehensnehmer rigorosen Zwangsverwertungsmaßnahmen ausgesetzt. Hiervon betroffen waren auch erstmalig zahlreiche Darlehensnehmer, die ihre Verpflichtung zur Zahlung von Zins und Tilgung vertragsgemäß erfüllt hatten.

Die Käuferin der Darlehensforderungen – eine auf den Bermudas ansässige Inkassogesellschaft LSF 5.Olympic LLC – hatte rigoros ihren „Businessplan“ umgesetzt, sich über die Vollstreckung aus den GS-Bestellungsurkunden die Grundstücke anzueignen bzw. die vollen Verkehrswerte zu realisieren.

Die Rechtsprechung agierte hilflos und stand unter dem Druck der Banken und Investorenlobby. Das einzige Urteil auf Einstellung der Zwangsvollstreckung konnte unsere Kanzlei vor dem 5. Senat des OLG München am 26.02.2008 erwirken ( 5 U 5102 ). Die kritischen Stimmen auf Seiten der Wissenschaft und von Anwaltsseite sowie dem Vorsitzenden Richter i.R. Herbert Schimansky fanden kein Gehör.

Das „Geschäftsmodell“ – Realisierung von Grundstückswerten – ist aktueller denn je !

 

  1. Grundschuld – die Risiken

Jeder Häuslebauer oder Immobilieninvestor hat im Zusammenhang mit der Immobilienfinanzierung den Banken als Sicherheiten Grundschulden bestellt. Dies war bis zum Jahr 2003 weitgehend risikolos, da sich die finanzierenden Banken an ihre Verpflichtungen als Gläubigerin der bestellten Grundschulden gehalten haben. Nur so ist erklärlich, dass noch heute die Risiken bei Bestellung einer Grundschuld nahezu unbekannt sind.

 

  1. Abstraktes Sicherungsrecht

Die „Väter“ des BGB hatten für die Immobilienfinanzierung durch Banken als Sicherheit die „Hypothek“ (§§ 1113 ff BGB) vorgesehen. Die Hypothek war zu den identischen Konditionen wie das zugrunde liegende Darlehen eingetragen und reduzierte sich als sog „akzessorisches“ Sicherungsrecht analog der geleisteten Tilgung.

 

Im Jahr 1974 hatte der Gesetzgeber im Hypothekenbankgesetz neben der Hypothek auch die abstrakte Grundschuld als Sicherungsmittel zugelassen, ohne die hieraus entstehenden Konsequenzen zu erkennen. Seit dieser Zeit spielt die Hypothek in der Immobilienfinanzierung keine Rolle mehr.

Was bedeutet „abstrakt“ ?

Anders als die Hypothek begründet die Grundschuld eine eigenständige dingliche Forderung gegenüber dem Sicherungsgeber. Diese dingliche Forderung ist allein maßgeblich bei der Verwertung der Grundschuld in der Zwangsvollstreckung. Die Höhe der besicherten Darlehensforderung ist ohne Relevanz. Mit anderen Worten:

Auch wenn das Darlehen bereits in voller Höhe zurückgezahlt ist, kann der Grundschuldgläubiger nach wie vor die Forderung einschließlich dinglicher Zinsen in voller Höhe „aus dem Grundstück“ geltend machen. Im Fall der Abtretung muss den neuen Grundschuldgläubiger die aktuelle Höhe der besicherten Darlehensschuld nicht interessieren. Die Durchsetzbarkeit der Grundschuldforderung in voller Höhe ist unproblematisch.

 

  1. Vollstreckbarer Titel

Die Durchsetzung der Grundschuldforderung wird durch die notarielle Grundschuldbestellungsurkunde gewährleistet. In der Grundschuldbestellungsurkunde unterwirft sich der Sicherungsgeber der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld. Weiterhin ist dort geregelt, dass – ungeachtet einer Tilgungsvereinbarung – die dingliche Grundschuldforderung sofort fällig ist.

 

Aus der Grundschuldbestellungsurkunde kann auch unmittelbar in das private Vermögen des Grundschuldbestellers vollstreckt werden. Neben der Bestellung der Grundschuld und Eintragung ins Grundbuch gibt der Sicherungsnehmer ein eigenständiges abstraktes Schuldanerkenntnis iHd des Grundschuld–Hauptsachebetrages und der meist in der Größenordnung von 10-15% vereinbarten dinglichen Zinsen ab.

 

Diese rechtliche Konzeption eröffnet u.a.. im Fall der Abtretung der Grundschuld und Aushändigung der Grundschuldbestellungsurkunde dem Missbrauch „Tür und Tor“:

Der neue Grundschuldgläubiger kann umgehend die Zwangsversteigerung in das Grundstück und in das private Vermögen des Sicherungsgebers aus der volle Höhe des Grundschuldbetrages sowie der thesaurierten dinglichen Zinsen betreiben – auch wenn dieser positive Kenntnis über die vollständige oder teilweise Tilgung der ursprünglich besicherten Forderung hat.

 

  1. strukturelle Übersicherung

Die Bestellung einer Grundschuld begründet von Anfang an eine strukturelle Übersicherung des Grundschuldgläubigers und Sicherungsnehmers (=Bank). Die mit 10 bis 15% vereinbarte Verzinsung

wird dem GS-Kapital zugeschlagen:

Sind 15% vereinbart, so hat die Grundschuld nach 4 Jahren bereits einen Sicherungs- und Vollstreckungswert iHv. 160%.

 

  1. freie Abtretbarkeit

Die im BGB gesetzlich getrennten Ebenen des Schuldrechts (Darlehensvertrag) sowie des Sachenrechts (abstrakte Grundschuld) haben zur Folge, dass die Grundschuld unabhängig von der besicherten Forderung isoliert abgetreten werden kann (§ 1154 BGB). Die Abtretung ist wirksam – ungeachtet möglicher Schadenersatzansprüche gegenüber der abtretenden Bank.

 

 

III. die Sicherungsabrede

Die Klammer zwischen der abstrakten Forderung aus der Grundschuld /abstraktem Schuldanerkenntnis und dem Darlehen bildet die sog. Sicherungsabrede oder Sicherungsvertrag zwischen Darlehensnehmer und Bank:

ein eigenständiger schuldrechtlicher Vertrag, der auch formlos oder stillschweigend zwischen Bank und Darlehensnehmer begründet wird. Bei Geschäftsbanken ist die Sicherungsabrede als „Zweckerklärung“ bezeichnet. In den älteren Hypothekenbankverträgen ist die Sicherungsabrede nur lückenhaft in den Allgemeinen Kreditbedingungen geregelt.

 

Ungeachtet der wirtschaftlichen Bedeutung dieses Vertrages existiert keine gesetzliche Regelung über den Sicherungsvertrag. Die einzelnen Rechte und Pflichten aus der Sicherungsabrede wurden im Wesentlichen durch die BGH- und obergerichtliche Rechtsprechung definiert.

 

  1. Treuhandpflichten der Bank

Als Sicherungsnehmerin hat die Bank auf Grund in Ziff. II dargestellten Rechtslage sofortigen formellen Zugriff auf das Grundstück und das private Vermögen des Sicherungsgebers. Theoretisch könnte die Bank auch in dem Fall, dass das Darlehen überhaupt nicht ausgereicht wurde, sofort Vollstreckungsmaßnahmen einleiten.

Gegenüber der Bank ist der Darlehensgeber jedoch durch den in der Sicherungsabrede vereinbarten Sicherungszweck sowie dem hieraus resultierenden Rückgewähranspruch geschützt. Die Bank ist verpflichtet, die Sicherheit „Grundschuld“ und „abstraktes Schuldanerkenntnis“ treuhänderisch zu verwalten und von der Realisierung der Sicherheit nur Gebrauch zu machen, wenn die hierfür bestehenden Bedingungen wie z.B. die wirksame Kündigung des Darlehens und Vollstreckungsandrohung erfüllt sind. Andernfalls könnte sich die Bank Schadenersatzansprüchen und den strafrechtlichen Vorwurf der Untreue gem. § 266 StGB aussetzen.
Da die Banken diese Verpflichtungen in der Vergangenheit überwiegend beachtet haben, realisierten sich in der Praxis ( bis ca. 2003 ) die oben aufgezeigten Risiken nicht.
Dies änderte sich, seit dem Banken zur Entlastung ihrer Kreditportfolios oder zur Refinanzierung oder – wie im Fall der HRE Bank – zur Abwendung der Insolvenz die Darlehensforderungen und Grundschulden an Inkassofirmen oder sonstige Dritte verkaufen. Die neuen „Grundschuldgläubiger“ unterliegen weder den stringenten gesetzlichen Regularien für Banken, weiterhin nicht den

AGB-Banken noch unterliegen sie der Bankenaufsicht durch das BaFin. Die schuldrechtliche Sicherungsabrede bleibt ungeachtet der Abtretung nur zwischen Bank und Sicherungsgeber bestehen. Der neue Grundschuldgläubiger ist hieran nicht gebunden.

 

 

  1. Risikobegrenzungsgesetz 2008

Die Beschwerden der Bürger über das rigorose Vorgehen der Lone Star Gruppe aktivierte nach entsprechenden Interventionen auch unserer Kanzlei einige engagierte Abgeordnete des Bundestages.

Im Finanzausschuss des BT wurde im September 2007 über das „Risikobegrenzungsgesetz“ („lex Lonestar“) beraten. Der Unterzeichner trat als einer der 5 Sachverständigen auf Verbraucherseite

der geballten Finanzlobby und einem sperrigen Finanzminister gegenüber. Das verabschiedete Gesetz brachte marginale Verbesserungen. So konnten dem neuen GS-Gläubiger die „Einwendungen“ aus dem Sicherungsvertrag mit der Bank „entgegengehalten“ werden ( § 1193 Abs. 1a BGB), ohne dass dieser in die Vertragspflichten eintreten musste. Theoretisch könnte die Regelung Schadensersatzanprüche begründen, die in der Praxis nicht durchsetzbar sind :

Es ist wenig hilfreich, wenn der neue Grundstücksgläubiger Inhaber einer „Pizza“-Kette ist ( tatsächlicher Fall in unserer Kanzlei !),der weder der deutschen Sprache hinreichend mächtig ist noch eine Vorstellung von dem Begriff „Sicherungsabrede“ hat. Dies gilt auch für den auf den Bermudas ansässigen „Investor“ oder die zahlreichen anderen „Inkasso“-Verwerter!

Weitere gesetzliche Regelungsvorschlägen wurde massiv abgeblockt. U.a. auch die Regelung, den vertragstreuen Darlehensnehmer vor der Abtretung zu informieren und Gelegenheit zu geben, das Kreditengagement durch Umschuldung auf eine andere Bank abzulösen.

 

  1. Probleme in der Zwangsvollstreckung

Für den Darlehensnehmer und Sicherungsgeber ergeben sich im Fall der Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen schwierige Hürden. In der Zwangsvollstreckung durch die Bank gelten noch die Treuepflichten aus dem Sicherungsvertrag und das Gebot zur Rücksichtnahme auf die Belange des Sicherungsgebers (§ 17.1 AGB Banken). Gegenüber dem neuen Grundschuldgläubiger ist der Sicherungsgeber nahezu schutzlos, soweit nicht der schwierige Nachweis einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) geführt werden kann.

 

  1. Grundschuldforderung allein maßgeblich

Vollstreckungstitel ist allein die Grundschuldbestellungsurkunde und maßgeblich im ZV-Verfahren die dingliche Grundschuldforderung. Der Einwand, die gesicherte Schuld voll getilgt zu haben, ist für den Rechtspfleger unbeachtlich. Der Versteigerungserlös wird in der Rangfolge der Grundschulden zunächst auf die dinglichen Zinsen und dann Grundschuld-Hauptsachebetrag zugeteilt. Auch wenn der Zwangsversteigerungserlös die Restschuld deutlich übersteigt, so ist dies im Rahmen des ZV-Verfahrens ohne Relevanz.

 

  1. kein Auskunftsanpruch nach Kündigung des Darlehens

Mit Kündigung des Darlehens wird das Kreditverhältnis beendet. Der noch offene Kreditbetrag wandelt sich in eine „normale“ Forderung der Bank, die zum Verzugszins mit 5% über Basis – beim Verbraucherdarlehen mit 2,5% über Basis – zu verzinsen ist. Soweit die Bank zunächst die Zwangsverwaltung betreibt oder anderweitige Sicherheiten wie Lebensversicherungen o.ä. auflöst oder sonstige Zahlungen von Dritten auf die Forderung verrechnen kann, besteht das Problem der genauen Feststellung der Schuld. Der Darlehensnehmer erhält keine Kontoauszüge oder Jahreszinsbestätigungen. Nach der weitgehend unverständlichen Rechtsprechung des BGH besteht kein Auskunftsanspruch auf Offenlegung der vereinnahmten Zahlungen und Verrechnung dieser Forderungen auf Hauptsache, Zinsen, Kosten o.ä.

Die Beweislast für die vollständige oder teilweise Tilgung der Forderung der Bank – etwa zum Zweck der Ablöse der Restforderung – liegt allein beim Schuldner.

 

  1. Vollstreckungsgegenklage

Die Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO ist ebenfalls mit erheblichen Problemen behaftet. Der Streitwert der Klage ist grundsätzlich der Grundschuld-Hauptsachebetrag ungeachtet der valutierenden Restforderung.

 

Für die einstweilige Einstellung der Vollstreckung ( 769 ZPO ) ordnen die Gerichte die Stellung einer Bankbürgschaft als Sicherheit iHd Grundschuldbetrages an, obgleich die Bank über eine werthaltige Sicherheit verfügt und hieraus vollstreckt.

 

Der Einwand der inzwischen erfolgten Erfüllung der Forderung ist angesichts der Beweislast zu Lasten des Schuldners häufig nicht zu führen.

 

Die Klage gegen den neuen Grundschuldgläubiger nach Abtretung ist noch deutlich problematischer. Der Bestand der schuldrechtlichen Forderung ist irrelevant. Der Gläubiger kann die volle Grundschuldforderung einschließlich thesaurierter dinglicher Zinsen geltend machen. Soweit dieser horrende Betrag zur Abwehr der Zwangsvollstreckung geleistet wird, kann nachträglich ein Bereicherungsanspruch gegenüber den bonitätsschwachen Gläubigern geltend gemacht werden.

 

  1. wichtige Tipps für Darlehensnehmer
  2. Abtretbarkeit der Grundschuld ausschließen

Bis zum Jahr 2003 galt bei Notaren, Rechtsanwälte und auch den Banken die zutreffende Rechtsmeinung, dass die für die „Bank“ als Geschäftspartner des Vertrauens bestellte Grundschuld nicht abgetreten werden durfte. Ausnahme war der Verwertungsfall nach Kündigung des Darlehens oder ggf Abtretung an eine andere Bank mit gleich hohem Schutzniveau. Inzwischen haben Banken und Sparkassen in die Kreditbedingungen häufig eine Klausel enthalten, die zur Abtretung der Grundschuld berechtigen.
Diese Klausel sollte– auch im Fall bereits bestehender Darlehensverträge – abbedungen werden.
Das Argument der Banken, man müsse sich refinanzieren und deshalb die Abtretbarkeit ermöglichen, ist verfehlt. Selbstverständlich müssen sich Banken oder Sparkassen refinanzieren. Hierzu bedarf es keiner formellen Abtretung der Grundschuld. Neben der treuhänderischen Verwaltung der Grundschuld für den Refinanzierer stehen hier eine Reihe von anderen Instrumentarien zur Verfügung.

 

Im Grundbuch bleibt die Bank als Grundschuldgläubigerin eingetragen.

 

  1. nach Kündigung Zahlungseingänge kontrollieren

Nach Kündigung des Kredits erhält der Darlehensnehmer keine Kontoauszüge oder sonstige Saldenbestätigungen mehr. Umso wichtiger ist es, alle Zahlungszuflüsse an die Bank – wie etwa eine Auszahlungsbestätigung einer LV, bekannte Mieteingänge im Rahmen der Zwangsverwertung oder sonstige Zahlungen zu erfassen und in ein eigenes Forderungskonto unter Berücksichtigung der Verzinsung einzustellen. Die entsprechenden Programme sind heute problemlos im Internet ( u.a. bei „Interhyp“) abrufbar. Das Forderungskonto ist unter Beachtung der gesetzlichen Verrechnungsvorschriften gem. § 497 BGB und der maßgeblichen Verzinsung gem. § 503 Abs. 2 BGB (2,5% über dem Basiszins) zu führen.

  1. Rückgewähransprüche rechtzeitig anmelden

Rückgewähransprüche in geschätzter Milliardenhöhe gehen den Schuldnern verloren, da diese nach erfolgter Zwangsvollstreckung nicht geltend gemacht und durchgesetzt werden. Nach erfolgter Zwangsvollstreckung besteht der Anspruch des Schuldners auf Rechnungslegung und Abrechnung der Forderungen. Diese Ansprüche unterliegen der Verjährung und müssen ausdrücklich geltend gemacht werden.

  1. Der wichtigste Tipp:

Rechtzeitig und bereits im Fall der Störung des Kreditverhältnisses bei Aussetzung von Zins- und Tilgungszahlungen o.ä fachlichen Rat einholen und das Risiko der Zwangsverwertung vermeiden.

Dr. Ingo Schulz-Hennig